Wiener Tierschutzverein ist pleite

Wiener Tierschutzverein schlittert im Jubiläumsjahr 2006 nach langem Ringen in Konkurs, 160 Jahre nach seiner Gründung, mit Schulden von über 4 Millionen Euro.

„Nachdem sämtliche zuletzt mit möglichen Geldgebern geführte Gespräche ohne Ergebnis blieben ist es jetzt fix. Der Wiener Tierschutzverein (WTV) in Vösendorf hat wegen Zahlungsunfähigkeit am Landesgericht Wiener Neustadt am 11.12.2006 den Konkurs angemeldet, "mit der Absicht, das Tierschutzhaus in Vösendorf und die Tierpension in Brunn am Gebirge aufrecht zu erhalten und über einen Zwangsausgleich eine Schuldbefreiung zu erreichen“, sagt Insolvenzexperte Kurt Haendel vom KSV1870.

Zuvor hatte bereits die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse wegen erheblicher Beitragsrückstände Konkursantrag gestellt. 

Der WTV ist die älteste private Tierschutzorganisation Österreichs. Gegründet 1846 vom Dichter Dr. Ignaz Franz von Castelli zu einer Zeit, wo in Wien noch öffentliche Tierkämpfe veranstaltet wurden. 1998 übersiedelte der WTV vom überbelegten Wiener Khleslplatz nach Vösendorf. Auf dem weitläufigen Gelände wurde mit 35.000 Quadratmeter verbauter Fläche ein neues Tierschutzhaus errichtet.

Die Baukosten, einschließlich Zwischenfinanzierungs-kosten, lagen gegenüber geplant gewesener 10,9 Mill. tatsächlich bei rund 17,4 Mill. Euro. 

Seit 2001 gibt es einen schweren Konflikt wegen der Übernahme des kostspieligen Sanierungsaufwandes zwischen WTV und einer Leasing-Tochter der Hausbank, die den Neubau des Tierschutzhauses finanziert hat, der sich an offensichtlichen Baumängeln entzündet hatte.

Immer wieder wurden die jahrelangen gerichtlich ausgetragenen Unstimmigkeiten auch öffentlich deutlich. Dies habe dazu geführt, so die Präsidentin des Wiener Tierschutzvereins Lucie Loubé, dass Sponsoren und 35.000 Mitglieder, 40 Prozent der Gesamtzahl, seither abgesprungen sind.

Für den Verein se der starke Rückgang an Mittelzufluss nicht verkraftbar gewesen. In nahezu allen vom KSV in den letzten Jahren durchleuchteten Firmeninsolvenzen haben sich immer mehrere Gründe zur Pleite addiert. Fast immer greifen verschiedene Problembereiche ineinander und führen gemeinsam zum Konkurs. Ob daher auch andere Gründe für den Finanzkollaps maßgeblich waren, werden erst präzise Analysen zeigen. 

Die aktuell fälligen Verbindlichkeiten betragen 4.139.000 Millionen Euro. Davon entfallen jedoch allein knapp 3 Millionen Euro auf Leasingschulden, die vom WTV als strittig bezeichnet werden. 

Wie geht es mit dem WTV und seinen 116 Mitarbeitern weiter? Der Vereinsvorstand strebt die Sanierung über einen Zwangsausgleich an. Dazu kommentiert Haendel: „Die Zukunft des Wiener Tierschutzvereins ist vorerst noch völlig unbestimmt. Das Sagen hat nun künftig der Masseverwalter, gemeinsam mit dem Gläubigerausschuss. In den kommenden Tagen wird sich entscheiden, ob die missliche Situation entschärft werden kann und ein Fortbetrieb im Konkurs ohne weitere Schädigung der Gläubiger möglich ist.

Parallel dazu ist kurzfristig zu klären, ob für den geplanten Sanierungsausgleich, oder alternativ für eine Neuausrichtung über eine Auffanglösung, glaubwürdige finanzielle und organisatorische Perspektiven bestehen.

Vor dem Hintergrund, dass vom Verein jährlich insgesamt 15.000 Tiere versorgt und 4.000 täglich betreut werden und Tierschutzhäuser zu Weihnachts- und Ferienzeiten immer zum Bersten voll sind, werden die Rettungsbemühungen zu einer besonders heiklen Aufgabe. Selbst wenn der Konkursfall in eine Liquidation drehen sollte, hat Achtung vor dem Tier auch in einer Insolvenz zu gelten“.

www.ksv.at
www.wr-tierschutzverein.org