Wie der Toxoplasmose-Parasit die Synapsen im Gehirn umbaut
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Toxoplasmose
ist eine der häufigsten Infektionskrankheiten. Ausgelöst wird sie von
einem einzelligen Parasiten namens Toxoplasma gondii. Er ist weltweit
verbreitet und befällt Vögel und Säugetiere einschließlich des
Menschen. Seine Endwirte sind jedoch Katzen.
Wissenschaftler vom
Institut für Inflammation und Neurodegeneration der
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg (OVGU) und vom Leibniz-Institut
für Neurobiologie (LIN) haben in einer Studie untersucht, wie der
Parasit den Stoffwechsel im Gehirn seiner Wirte beeinflusst und
nachgewiesen, dass er dort die molekulare Zusammensetzung von Synapsen
verändert.
Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin Journal of Neuroinflammation veröffentlicht
Ildiko Rita Dunay (OVGU) und Karl-Heinz Smalla (LIN) untersuchen den Toxoplasmose-Parasiten gemeinsam mit Daniel Lang (OVGU), der am Mikroskop sitzt.
Etwa
30 bis 50 Prozent aller Menschen haben sich im Laufe ihres Lebens
bereits mit Toxoplasmen infiziert. Bei den über 50-Jährigen geht man
sogar von 50 Prozent aus. Toxoplasmose verläuft meist unbemerkt und die
Infizierten ahnen gar nicht, dass sie befallen sind.
Prof. Dr.
Ildiko Rita Dunay, Leiterin des Instituts für Inflammation und
Neurodegeneration an der OVGU, erklärt: Bei gesunden Menschen löst die
Infektion kurzzeitige Erkältungssymptome wie Schüttelfrost, Fieber und
Gliederschmerzen aus.
Eine solche Infektion kann für Schwangere
oder Menschen mit geschwächtem Immunsystem dagegen gefährlich werden. Es
gibt noch keine Therapie, um den Parasiten wieder loszuwerden, wenn sie
das Gehirn befallen. Wer also einmal infiziert ist, bleibt das ein
Leben lang.
Der Parasit nistet sich im Muskelgewebe infizierter
Tiere ein, aber nicht nur: Toxoplasma gondii wird vom Menschen über die
Verdauung aufgenommen, gelangt in den Blutkreislauf und wandert auch
ins Gehirn, um sich dort lebenslang in Nervenzellen einzunisten,
beschreibt Dr. Karl-Heinz Smalla vom Speziallabor Molekularbiologische
Techniken am LIN.
Magdeburger Wissenschaftler hatten in früheren
Versuchen mit Mäusen herausgefunden, dass es bei Toxoplasma gondii
infizierten Tieren zu erstaunlichen Verhaltensänderungen kommt: Die
Mäuse, die ja Beutetiere von Katzen sind, hatten nach der Infektion ihre
natürliche Furcht vor Katzen verloren. Wenn man den Nagern den Geruch
von Katzenurin präsentierte, schienen sie sogar eine Präferenz für
Katzen entwickelt zu haben, so die Forscher.
Um diese
Verhaltensänderungen zu erklären, untersuchten sie deshalb Veränderungen
in den Mäusegehirnen und zwar insbesondere die molekulare
Zusammensetzung von Synapsen, da diese die essentiellen Strukturen für
die Signalverarbeitung Im Hirn sind.
In einer Kooperation mit dem
Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung in Braunschweig konnten sie
dabei nachweisen: Bei insgesamt 300 synaptischen Proteinen hatten sich
die Mengen im Gehirn nach einer Toxoplasmose-Infektion verändert.
Besonders
stark reduziert waren vor allem Proteine an Glutamat-freisetzenden
erregenden Synapsen. Andererseits wurden erhöhte Mengen an Proteinen,
die an Immunantworten beteiligt sind, gefunden.
Zur Therapie von
Toxoplasmose-Infektionen wird oft Sulfadiazin eingesetzt, das die
Vermehrung der Toxoplasmen teilweise behindert. Der Psychiater und
Neurowissenschaftler Dr. Björn Schott erläutert: Wir wollten nun
herausfinden, wie sich eine Sulfadiazin-Behandlung auf die
infektionsbedingt auftretenden molekularen Veränderungen im Gehirn
auswirkt.
Das Ergebnis: Die Proteinzusammensetzung in den
Mäusehirnen war nach der Behandlung vergleichbar mit der von nicht
infizierten Artgenossen. Alle untersuchten Proteine, die für die
glutamaterge Signalübertragung zuständig sind, waren wieder im
Normalbereich. Und auch die Entzündungsaktivität ging messbar zurück.
Die
Infektion führt scheinbar zu einer gesteigerten Immunantwort, die die
an der Glutamat-vermittelten synaptischen Erregung beteiligten Proteine
verringert, während Sulfadiazin die Toxoplasmen reduziert und dadurch
die Immunantwort normalisiert und somit eine Erholung synaptischer
Proteine bewirkt.
Auch für Menschen könnten diese Erkenntnisse
medizinisch relevant sein. Sie unterstützen die Vermutung, dass
Toxoplasma gondii ein Risikofaktor für neuropsychische Erkrankungen ist.
Fehlfunktionen glutamaterger Synapsen werden mit den Ursachen
von Depressionen, Schizophrenie und Autismus in Verbindung gebracht.
Auch Komponenten der Immunantwort zeigen Bezüge zu diesen Erkrankungen.
Das
legt den Verdacht nahe, dass möglicherweise durch Immunreaktionen
Veränderungen an der Synapse verursacht werden, die zu
neuropsychiatrischen Störungen führen können, fasst die
Neuroimmunologin Dunay zusammen.
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